Ski und Genuss: Das ist lange schon kein Fremdwort mehr. Die Kilometerfresser, die stundenlang die Pisten runtergejagt sind, um anschließend möglichst schnell wieder hochzuliften, nur um die nächste Piste runterzuflitzen: sie sind Geschichte. Vielleicht nicht ganz, doch sind sie in der Minderheit. Die Skifahrer, die Wintertouristen wollen heute mehr. Sie suchen die Abwechslung. Heute Abfahrtsski, morgen Langlauf. Dazu Kultur, Natur und nicht zuletzt: Genuss. Feine Spezialitäten am Berg sind gefragt. Bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Touristischen Runde unter wie immer hervorragender Leitung von Lilo Solcher präsentierten mehrere Anbieter ihre kulinarische Aufrüstung.
Die höchste Konditorei auf dem Pitztaler Gletscher, der höchste Weinkeller auf dem Stubaier Gletscher, das höchst gelegene Iglu-Dorf im Allgäu und ein weiteres in Adelboden, das höchst gelegene Gourmet-Restaurant in den Dolomiten sowie Slopefood, die winterliche Variante von Fingerfood, kleine Imbisse entlang der Piste – ebenfalls in den Dolomiten. Vertreten wurden diese außergewöhnlichen Anbieter von Haubenkoch David Kostner (Restaurant Schaufelspitz, Stubaier Gletscher), Marcus Herovitsch (Pitztaler Gletscher), Matthias Lenz (IgluLodge). Aus den Dolomiten kamen vom Gourmetrestaurant Viel de Pan und von Slopefood. Der Abend bewies, dass Skifahren heutzutage auch viel mit Genuss zu tun hat.
Alta Badia beispielsweise wirbt mit „Fingerfood auf der Piste“. Zu dem Skigebiet gehören nicht nur 500 Kilometer Piste in Südtirol am Sella Ronda Massiv, sondern auch drei Michelin Restaurants – in einem Dorf mit nur 5.000 Einwohnern. Vor ein paar Jahren waren die Skihütten längst nicht so gut. Das hat sich stark geändert. Zwar gibt es heute auch immer noch Selbstbedienungsrestaurants, doch hat mittlerweile jede Hütte einen Bereich, in dem der Gast bedient wird: Auf Top-Niveau. Dabei gilt die Devise: Vom Slow Food zum Slope Food. Dahinter steckt eine interessante Form des Hüttenhoppings. Für 40 €uro am Tag erhält der Gast nicht nur ein Armband, sondern vor allem die Möglichkeit auf vielen Hütten einzukehren und sich durch die Spezialitäten durchzukosten. Durch die Kooperation mit Südtiroler Winzern stehen beste Tropfen dazu im Angebot. Das Motto lautet dabei: Gemütlich essen und Skifahren. Denn auch mit nur etwas Wein zum Essen auf der Piste sollte man nicht übermütig die Berge runterjagen.
Noch vor 20 Jahren kamen sehr viele Deutsche für zwei Wochen Urlaub, heute nur noch für eine Woche. Die Region hat also erkannt, dass nur mit neuen Ideen, neuen Konzepten und einzigartigen Spezialitäten wieder mehr Gäste kommen, die auch bereit sind, etwas mehr Geld auszugeben. Daher wurden für das Hüttenhopping Köche aus der ganzen Welt gewonnen. Sterneköche. Mit dem Image der Sterneköche hat sich das gesamte Image der Region gesteigert. Hüttenhopping für 40 € pro Tag mit Wein und Essen auf allen Hütten – wo bekommt man das sonst? Also einfach Armband abholen und dann gilt es sich von Hütte zu Hütte durchzufuttern und zu -trinken.
Höchstes Gourmet-Restaurant der Dolomiten
Via del Pan heisst das höchstgelegene Gourmet-Restaurant der Dolomiten, es liegt im Veneto, ganz in der Nähe des Sella Massivs. Der Küchenchef tischt das beste der italienischen Küche auf einer Höhe von 2.500 Meter auf, Spezialitäten sind dabei Fisch und italienische Weine. Wer jetzt beispielsweise Appetit auf Wildschweinravioli mit Birnenfondue und Walnussöl hat, der sollte da unbedingt hin.
Schlafen wie Eskimos in der Iglu Lodge
Eiskalt-heißer Genuss ist das Motto der Iglu Lodge. Aus den Ski in den Schlafsack. Dabei wird keinem Gast kalt. Die Iglu Lodge Liegt bei Oberstdorf am Nebelhorn. Sie ist nur 200 Meter von der Seilbahn entfernt an einem leichtem Winterwanderweg gelegen. Abends haben die Gäste den Berg für sich – neben den einheimischen Wildtieren. Sie ist jährlich ab 28. Dezember für 100 Tage geöffnet und erfreut sich einer Auslastung von 96% bei stetig steigender Nachfrage. Dabei ist die Iglu-Lodge nicht ein einziges grosses Iglu. Sie besteht aus einem Restaurant-Iglu, Event-Iglu, Bar-Iglu und Zimmer-Iglus. Strom und Leuchtanlage sind selbstverständlich. Die Iglus bestehen aus einer Mischung aus Kunst- und Naturschnee je nach Wetterlage. Die Iglus verfügen über eine 4-5 Meter dicke Wand. Da ist in der eigenen Hütte nichts von den anderen Iglus zu hören. Matthias Lenz versichert, dass die Iglus lange halten, sie werden regelmäßig gewartet.
Schweizer Fondue Iglu auf der Alp
Bei Adelboden gibt es zwar auch ein Iglu, doch dies ist nur ein Restaurant-Iglu. Hier kann nicht übernachtet werden. Dieses Iglu ist ebenfalls 200 Meter von der Bergstation der Seilbahn entfernt. Gekocht wird in einem Baucontainer, serviert im Iglu. Es gibt nur ein spezielles Fondue. Aber auch Pasta-Gerichte werden angeboten für Gäste, die kein Fondue mögen. Es ist speziell eingerichtet und gestaltet. Das Fondue besteht dabei aus einer Mischung aus speziellen verschiedenen Käsesorten, davon einer aus Adelboden. Essen bis zum Abwinken: Jeder kann essen soviel er will und vermag. Da Käse allerdings bekanntlich sehr gut sättigt, wird dies zu keinen Kalkulationsproblemen führen.
Süße Verführungen
Das Café 3440 ist das höchste Caféhaus Österreichs. Wie Herr Herowitsch bei der Touristischen Runde ausführte, ist in dem Café auf der höchsten Bergstation Österreichs fast alles irgendwie anders. Cappuccino, Caffè Latte und andere Spezialitäten sind nicht einfach zu zuzubereiten, auch das Bier schäumt mehr, da der Luftdruck komplett anders ist. Die vielen Torten werden bei gutem Wetter vorproduziert, da bei schlechtem Wetter der Teig so hoch oben einfach nicht gelingt. Dann wird der Kuchen lieber frisch aus dem Tal geholt. Im Café gibt es nur Torten und Apfelstrudel, allerdings werden im Winter bis zu 800 Stück Gebäck verkauft. Allein an Kaiserschmarren werden nur im Winter angeblich vier Tonnen verkauft. Und all‘ dies schaffen drei Angestellte. Das Wasser und alle Produkte müssen hoch geschafft werden. Und wirklich alles wird auch wieder herunter gebracht, da es kein Abwasser gibt. Die Luft ist sehr dünn, doch ist es ein Erlebnis hier hoch oben auf die Gipfel zu steigen. Die Bergstation besticht durch eine moderne Architektur, edle Kulinarik und selbstverständlich die wunderschöne Bergwelt.
Europas höchstes Haubenlokal
Oben, kurz vor dem Gipfel des Stubaier Gletschers, setzt David Kostner Europa die Krone auf. Das Restaurant Schaufelspitz ist Europas höchstgelegenes Haubenlokal. Hier oben muss alles elf Grad niedriger gekocht werden als im Tal, erklärt der Spitzenkoch. Erkenntnisse in der Küche sind beispielsweise, dass das Fleisch zwar länger in der Zubereitung braucht, dafür bleibt es aber saftiger, da es schonender und mit geringerer Temperatur gekocht wird. Die Geschmackssinne sind dort hoch oben etwas anders als im Tal. Der große Weinkeller muss ebenso gepflegt werden. Die Weinlagerung gestaltet sich schwierig, da der Wein weniger Sauerstoff hat und langsamer altert als im Tal. Ein interessanter Aspekt, nicht nur aus Show-Gründen ist, dass so hoch oben Weinflaschen dekantiert werden müssen, die man unten nicht dekantieren muss. Der wahrscheinlich höchste Weinkeller der Alpen besticht mit mit wenigen, allerdings doch sehr guten Weinen. Der Wein wird je nach Bedarf so rechtzeitig geliefert, dass er sich akklimatisieren kann.
Der Dine & Wine Event, von dem auch Le Gourmand – Das Geniesser-Magazin schon berichtete, findet mittlerweile jährlich statt und ist bei den Gästen sehr beliebt. Das einmalige kulinarische Erlebnis im Restaurant Schaufelspitz wird von vielen Gästen angenommen, nicht jeder möchte sich an der grossen Selbstbedienungstheke anstellen.
Doch wer das tut, der kann ebenfalls ein kulinarisches Erlebnis geniessen. Denn das Haubenrestaurant zieht die gesamte Gastronomie der Bergstation qualitativ höher als die Gipfelspitze.
Eine eigene Nudelmaschine garantiert, dass die gesamte Pasta aus Hartweizengries wirklich hausgemacht ist. Bei einer Präsentation vor Ort konnte sich Le Gourmand bereits davon überzeugen, wie einfach, schnell und lecker die Nudelprodukte sind. Da haben wir selbst Lust bekommen, die Pasta auch zuhause komplett selbst zu machen – doch spricht die Größe der Nudelmaschine vom Stubaier Gletscher für sich… Wie David Kostner ausführte hat der Genuss auf höchster Höhe noch einen Vorteil: „Bei Konsommation ab 40 €uro wird die Gondelfahrt retourniert.“ So schön können auch nur die Österreicher es ausdrücken: Konsumation und retournieren!
Die Spezereien der Top-Gastronomie sind leider nur im Winter offen. Im Sommer geht es etwas rustikaler zu. Es sind zu wenig Gäste oben auf dem Gletscher und das Schaufelspitz ist dann das einzige Restaurant, das dann auch offen hat. Daher präsentiert David Kostner dann eine etwas angepasste Karte mit günstigeren Gerichten.
Adelboden, Alta Badia, Stubaier und Pitztaler Gletscher in Hochform
Sowohl am Adelboden als auch auf dem Stubaier Gletscher konnten durch die Spitzengastronomie Gästeschichten hinzugewonnen werden, die sonst nicht extra hochgefahren wären. Auch das Café auf dem Pitztaler Gletscher spricht neue Gäste an. Hier findet also nicht etwa eine Gästeverschiebung statt sondern ein echtes Neugeschäft ist entstanden. Der Hoch-Genuss auf den Alpenhöhen ist mittlerweile auch für Firmenevents interessant geworden. So können die Teilnehmer etwa jeder ein eigenes Iglu haben, doch sind alle zusammen – und keiner kann so richtig weg, die Gruppe bleibt zusammen, hat Spass.
Besonderer reizvoll und romantisch ist es, als Gruppe oder Pärchen den Sonnenuntergang zu genießen und den Abend dort zu bleiben. Mehr oder weniger allein.
Auf welchen Genuss habt Ihr davon jetzt Appetit bekommen? Für mich gilt: Zum David immer wieder, er kocht einfach genial. Und eine Nacht oder ein Wochenende im Iglu würde ich auch gern mal ausprobieren.
Der Beitrag Hoch-Genuss: Wie die Destinationen in den Alpen kulinarisch aufrüsten erschien zuerst auf Le Gourmand - Das Genießer-Magazin.