Wer den Spruch: „ Man muss Gott für alles danken, auch für Ober-, Unter– und Mittelfranken“ erfunden hat, war mit Sicherheit selbst nie in Franken unterwegs, sonst würde statt „auch“ ein „ganz besonders“ im Satz stehen. Weine, die in der Spitzenliga zuhause sind, die höchste Brauereidichte Europas, edle Brände und köstliche regionaltypische Speisen: Franken ist DAS kulinarische Schlaraffenland Bayerns. Und auch der Kulturkalender ist das ganze Jahr über prall gefüllt. Für Le Gourmand – Das Geniesser-Magazin war Andrea Gerum vor Ort und brachte ein 48-Stunden-Genuss-Protokoll mit. Wenn das nicht ein leckere Anregung zum Nachfahren ist…
1.Tag
14:00 Check-In im Panorama Hotel Schweinfurt. Unsere Zimmer im 9. Stock bieten einen herrlichen Ausblick auf die Stadt, die Hassberge und den Steigerwald. Erster Eindruck: Die Stadt ist viel schöner als ihr Ruf. Im zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört, dauerte es lange, bis sich die drittgrößte Stadt Unterfrankens wieder neu definieren konnte. Noch viele Jahre nach dem Krieg bestimmten Zerstörung und Armut das Stadtbild. Bekannt als Industrie– und Arbeiterstadt wandelte sich das Image in den letzten 30 Jahren hin zu einer modernen, lebendigen Stadt, die ihre Wurzeln pflegt. Unter dem Motto: „Industrie und Kunst“ kreierte sich Schweinfurt neu mit spannenden Kontrasten aus Bauwerken vergangener Jahrhunderte und moderner Architektur.
15:00 Wir besuchen das Weingut Dahms. Gelegen an der Peterstirn, der Burganlage des Markgrafen Berthold aus dem 10. Jahrhundert ist sie ein Wahrzeichen der Stadt Schweinfurt und seit 1994 in Besitz der Winzerfamilie Jürgen Dahms.
Schweinfurt und Wein? Zugegeben, diese Verbindung kommt einem nicht gleich in den Sinn. Denkt man doch zuerst an Kugellagerfabriken und nicht an edle Tropfen. Aber Schweinfurt hat eine lange Weinbautradition und war bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein bekanntes Weinstädtchen.
In den ersten Jahrzehnten nach 1900 aber zerstörte die Reblausplage fast alle Weinberge. Von ehemals 320 ha Rebfläche blieben nur noch 10 ha übrig, die seit 1980 von Familie Dahms mit großem Einsatz und Erfolg bewirtschaftet werden.
17:00 Wir sind mit Fischer Frank Dittmar verabredet. Der letzte Berufsfischer Schweinfurts empfängt uns mit guter Laune und feinen Fischhäppchen. Doch rosig sieht das Leben der einst so stolzen Zunft nicht aus. Die wenigen Fischer entlang des Mains betreiben den Fischfang fast nur noch als Nebenerwerb. Durch die Mainbegradigung und Umbau zur Großschifffahrtsstraße verloren viele Fischer ihre Arbeit. Frank Dittmar erzählt ganz offen: „Allein von der Mainfischerei können wir schon lange nicht mehr leben. Ohne Zukauf und Handel wäre die Fischerei nicht mehr möglich.“ Die Familie besitzt einen Laden am Fischerrain, dem traditionellen Viertel der Mainfischer in Schweinfurt und verkauft dort Raubfischarten, geräucherte Forellen, Makrelen und natürlich die mainfränkische Spezialität “Meefischli„. Für die maximal 12 cm kleinen „Sardinen des Mains“ werden nur die drei Mainfischarten Ukeleie, Rotfeder und Rotauge verwendet, in Semmelbrösel gewälzt, frittiert und mit Kopf, Flossen und Gräten verspeist. Köstlich.
20:00: Abendessen im „Kings & Queens“ – das kleine Restaurant. Eingerichtet in schlichtem, klaren Design und 24 Plätzen zählt es seit 10 Jahren zu den besten kulinarischen Adressen Schweinfurts. Ausgezeichnet von Restaurantführern und dem „Bib Gourmand“, der für hochwertige Qualität im Verhältnis zum Preis steht. Das Motto von Inhaber Marc Wiederer: „Essen ist ein Bedürfnis, Genießen eine Kunst“. Dieser zaubert dann auch mit spielerischer Leichtigkeit kreative Gourmetküche aus saisonalen Produkten auf den Teller, die Augen und Gaumen gleichermaßen begeistern.
Wir probieren entzückt ein aromatisches Steinpilzrisotto an Schokoladensauce,
gefolgt von perfekt gebratenem Steigerwälder Rehrücken mit grüner Walnussjus und genießen fein abgestimmte Frankenweine dazu. Volle Punktzahl.
2.Tag
9:30 Wir besuchen das Museum Georg Schäfer. Seit Jahren zieht das weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte Museum sowie die Kunsthalle ein internationales Kunstpublikum an. Die bedeutendste Privatsammlung der Kunst des 19. Jahrhunderts aus dem deutschsprachigen Raum wird in einem Atemzug mit der Tate Britain, London, der Alten Nationalgalerie Berlin und der Neuen Pinakothek München genannt.
12:00 Mittagessen im Wirtshaus „Zur Hölle“ im Höllental. Nomen est omen – Das Essen dort soll höllisch gut sein.
Ich probiere fränkisches „Schäuferla“ – eine gebratene Schweineschulter mit Schwarte. Als Beilage „Klöß“ und den für Unterfranken typischen Spitzwirsing, dazu ein dunkles Kellerbier – herrlich!!! Zur Hölle mit den Kalorien!!!
14:00 Weiter nach Bamberg. Die 70.000 Einwohner zählende alte Kaiser und Bischofstadt gehört seit 1993 zum UNESCO Weltkulturerbe und ist zu Recht eine der schönsten Städte Deutschlands.
16:00 Wir besichtigen die Bamberger Gärtnerstadt, eine historische Besonderheit. Über Jahrhunderte prägten Gärten das Stadtbild Bambergs. Angelegt im Hochmittelalter rund um die heutige Königsstraße, einem damals wichtigen mittelalterlichen Handelsweg, blieben die Gärten bis in die heutige Zeit erhalten. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es über 500 Betriebe in der Stadt, heute sind es noch ein paar Dutzend.
Die meisten Gärtnerbetriebe erwirtschaften ihre Produkte nur noch im Nebenerwerb. Das Projekt „Urbaner Gartenbau“ hat sich aber zum Ziel gesetzt den Gartenbau in Bamberg wieder zu stärken und die in Jahrhunderten gewachsene Tradition zu erhalten. Ohne die Gärtnerstadt wäre Bamberg nicht Weltkulturerbe geworden. Viele der Gemüse- und Obstsorten sind einmalige Bamberger Spezialitäten, die hier seit Jahrhunderten kultiviert werden. Ob das „Bamberger Hörnla“, der Bamberger Knoblauch – eine einzigartige Haussorte, die Bamberger Zwiebel mit ganz eigenem Geschmack, Spitzwirsing oder Rettich. Alles wird nachhaltig in Handarbeit erzeugt, ist von höchster Qualität und frei von Gentechnik.
18:00 Zum Abendessen im Bauhaus „Fässla“ probieren wir „Bamberger Hörnla“, die alte fränkische Kartoffelsorte mit besonders nussigem Aroma, dazu Bamberger Spitzwirsing. Diese verfeinerte Form des runden Wirsings schmeckt ausgesprochen würzig und wird seit Generationen nur in der Bamberger Region angebaut.
Dermaßen gestärkt starten wir zu einem Bierseminar. Mit Biersommelier Markus Raupach von der DBA Deutsche Bierakademie GmbH probieren wir unter fachkundiger Anleitung unterschiedliche Biertypen. Wie bei einer Weinverkostung werden Geruch, Farbe und Geschmack bewertet. Wir testen Bavarian Ale, Chocolate Bock, eineinhalb Jahre gereiftes Starkbier, rares Baltic Porter und belgisches Trappistenbier in Kombination mit gereiftem Cheddar, dunkler Schokolade und Pralinen und sind fasziniert von der Vielfalt der unterschiedlichen Bieraromen.
00:00 Der harte Kern trifft sich trotzdem noch auf einen Absacker an der Hotelbar. Ein heimischer Magenbitter muss her. Ich probiere „Bamberger 7 Hügel“. Auf dem Flaschenetikett ist der Dom zu sehen, um den sich die sechs weiteren „Berge“ des fränkischen Roms gruppieren. „Fränkisches Rom“ ist ein Beiname Bambergs, die wie Rom auf sieben Hügeln erbaut wurde.
Erfunden hat den „Franken- Ramazotti“ in den 1950ern der gebürtige Bamberger, Georg Schuler und bis heute wird das Rezept streng gehütet. Nur Enkel Georg und sein Bruder kennen die Formel. Das kleine Familienunternehmen produziert nach wie vor überschaubare Mengen und will kein Massenprodukt werden.
3. Tag
09.30 Bei Kaiserwetter starten wir zu einem historischen Rundgang durch Bamberg: Residenz, Dom, Alte Hofhaltung, altes Rathaus, Klosterareal Michaelsberg und „Klein Venedig“, die ehemalige Fischersiedlung – Überall mittelalterliches Flair, kleine, verwinkelte Gassen und barocke Bürgerhäuser. Über 2.400 denkmalgeschützte Häuser machen aus der Stadt ein einziges Gesamtkunstwerk. Die Stadt wirkt trotzdem nicht wie Museum, sondern ist eine lebendige, junge Universitätsstadt.
12.30 Genau die richtige Zeit für ein „Bamberger Rauchbier“. Der erste Schluck dieser weltberühmten Bierspezialität ist erst mal gewöhnungsbedürftig. Der Geschmack erinnert an Räucherspeck und entsteht durch die Verwendung von geräuchertem Malz. Um die Entstehung rankt sich eine bekannte Legende: Bei einem Brand in einer Brauerei soll einst das dort gelagerte Malz vom Rauch durchströmt worden sein. Der arme Brauer musste das verräucherte Bier dennoch verkaufen und wider Erwarten schmecke dies den Kunden so gut, dass es von da an als eigene Biersorte weiter gebraut wurde. Früher gab es viele Rauchbiere aber die meisten Brauereien stellten nach Erfindung des rauchfreien Malzes auf nicht-rauchige Biere um. In Bamberg aber wurde die alte Tradition der Rauchbierherstellung bis heute bewahrt. Die Bamberger Brauereien Spezial und Schlenkerla haben eigene Mälzereien und stellen ihr Rauchmalz für den Eigengebrauch noch heute selbst her.
Wir probieren Rauchbier der Brauerei Spezial und ich muss feststellen zu Entenbraten mit Spitzwirsing mundet mir das bernsteinfarbene Lagerbier mit seinem feinem, milden Rauchgeschmack plötzlich sehr gut. Der alte Spruch: „das Rauchbier schmeckt erst nach dem dritten „Seidla“ richtig“ kommt mir wieder in den Sinn.
Wem das Rauchbier auch danach noch nicht schmeckt – keine Sorge – in Bamberg verdurstet keiner. Allein neun Brauereien in der Stadt und um die 70 im Bamberger Umland sorgen für Abwechslung im Glas.
14:00 Heimreise – Zum Glück fahre ich mit dem Zug nachhause. Vivat Franconia! – ich komme wieder.
Mehr Infos gibts hier zum Bierland Franken und hier zum Tourismus in Franken allgemein.
Der Beitrag Kulinarisches Franken: Eine Schmankerlreise durch Schweinfurt und Bamberg erschien zuerst auf Le Gourmand - Das Genießer-Magazin.